Kleines Feuer - Teil 2
Eine Geschichte von Roland Giefer
Falls noch nicht gelesen, hier geht`s zu Teil 1
1969 „trennte“ sich mein Onkel von seinem langjährigen Stocher fürs kleine Feuer, der offenbar nicht sehr zuverlässig war. Für das große Feuer, das Ausbacken und zum Salzen hatte er einen erfahrenen Mann zur Seite, und Pitters Schwester Paula stand natürlich auch als Ablösung stundenweise parat. Aber für die Nacht fand man kaum noch jemanden. Als er mich fragte, ob ich für ihn kleines Feuer stochen würde, sagte ich spontan zu. Es reizte mich allein der Gedanke, dieses Mysterium eines Kannenofenbrandes selbst erfahren zu können. Obwohl ich erst fünfzehn Jahre alt war, durfte ich diese verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen. Ich gebe zu, dass mich dies mit einem gewissen Stolz erfüllte. So wurde vereinbart, dass ich von abends 19:00 Uhr bis zum anderen Morgen um sieben Uhr meine Arbeit machen sollte.
Als ich zu meiner ersten Nacht im Schlondes mit meinem Mofa ankam, zeigte mein Onkel mir alles, worauf ich zu achten hatte.
Es schien wirklich kinderleicht zu sein, und der versprochene Lohn entsprach damals der Ausbildungsvergütung eines ganzen Monats! Allein das war mir Motivation genug… Nach der Unterweisung durch meinen Onkel, der sich nun zum Abendbrot und anschließender Nachtruhe begab, stand ich jetzt allein im Schlondes und sah meiner Aufgabe zuversichtlich entgegen. Es erschien mir alles vertraut, da ich schon öfter einmal einen Abend im Schlondes verbracht hatte. Rings um mich herum waren die Buchenscheite bis unter die Decke getürmt. Nur an einer Seite nahm der Stapel langsam ab und rutschte beim Wegziehen eines Scheitholzes polternd nach. In gleichmäßigen Abständen wurde das Brennholz abwechselnd links und rechts in die beiden Stochlöcher gelegt. Dabei ließ man die Scheiter zunächst zu einem Drittel vorne herausragen. Die meterlangen Scheithölzer brannten nur halb ab und wurden dann tiefer hineingeschoben. Die Feuerungen teilen sich am hinteren Ende in jeweils zwei Züge, die in den Brennraum führen. Ich musste darauf achten, dass die Flammen noch nicht direkt in die Züge schlugen und nur die heißen Rauchgase in den Ofen strömten. Der so gezügelte Ofen „hauchte“ aus seinen Abzügen in der Ofendecke schwarze Rauchwolken, die aus dem Dachreiter des Ofenhauses quollen und weithin sichtbar waren.
So mancher Fremde alarmierte aufgrund seiner Fehleinschätzung schon mal die Feuerwehr…
Allmählich brach die Dunkelheit herein und vom schwarzen Qualm war draußen nicht mehr viel zu sehen. Ich hatte meinen Rhythmus gefunden und legte Scheit um Scheit ins Feuer und kontrollierte die Rauchgase. Aus dem mitgebrachten Transistorradio hörte ich das Abendprogramm und drehte mich manchmal mit dem Rücken zum Feuer, um mich aufzuwärmen. Das Flackern der Flammen und das schwache Licht der Neonlampe im Schlondes lockte wohl einen abendlichen Spaziergänger an. Ein schon etwas älterer, mir unbekannter netter Herr trat ein mit dem Gruß: „Goore“, was hier soviel wie „guten Abend“ oder beim Abschied „auf Wiedersehen“ bedeuten konnte. Manchmal war es gar ein Wort der Anerkennung. Er deutete mit seinem Stock und fragendem Blick auf den alten wackeligen Stuhl in der Ecke und setzte sich. „Dech han ich häi och nach need gesähn“, sprach er mich an. Sogleich stellte ich mich vor und ich hatte das Gefühl, dass es daraufhin für den älteren Herren „in Ordnung“ war. Er schaute mir eine Weile wortlos zu, als wolle er überprüfen, ob ich meine Arbeit auch richtig machte. Aber dann hob er an und erzählte, und ich drehte mein Radio leise…
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