Ausstellungseröffnung: 05.07.2024
17:00h im ATELIER GRÖBL, Casinostrasse 37, 56068 Koblenz
19:00h in der Werkhalle Alte Limofabrik, Schützenstraße 44, 56068 Koblenz
Die Ausstellung ist vom 06. bis 21.07.2024. Im Atelier Gröbl kann sie an den Wochenenden besichtigt werden.
In der Werkhalle Alte Limofabrik kann die Ausstellung nach telefonischer Anmeldung (Tel. 0261 95227544) wochentags besichtigt werden.
Shifting Reality, zu Deutsch Alternative Realität, ist ein modischer Begriff, der vor allem durch Social Media Plattformen zu Popularität gelangte. Unter dem Begriff versteht man in erster Linie die Fähigkeit, die Realität verlassen zu können, um in eine fiktive Welt zu entfliehen. Dieses Konzept stützt sich auf der metaphysischen Theorie, es existierten neben der eigentlichen realen Welt parallele ´Dimensionen, die sich je nach getroffenen Entscheidungen in der realen Welt öffnen und verzweigen. Des Weiteren handelt es sich hierbei um Gedankenspiele des Geistes, die auch mit Tagträumen zu vergleichen sind. Dabei „shiftet“ der Geist kontrolliert zu fernen Welten und fremden Dimensionen – eine Art der Realitätsflucht. Getriggert werden kann dies durch Musik, oder andere Medien, wie Filme und Bücher.
In der Ausstellung Shifting Reality der Absolventinnen des IKKG der Hochschule Koblenz, präsentieren die Künstlerinnen Delia Stünitz, Eunkyoung Cho und Sarah Hunnenmörder ihre Werke, die die Betrachtenden zu alternativen Realitäten, Welten und gar Dimensionen führen. Dabei werden durch das Verwenden keramischer, textiler und gläserner Materialien die unterschiedlichen Intentionen der Künstlerinnen skulptural und installativ dargestellt. Um das Leitmotiv Shifting Rreality zu veranschaulichen, bedienen sich die Künstlerinnen verschiedener transformativer Thematiken: Oberflächenstrukturen und Licht, Gegenstände des Alltags und Fundstücke, Wolle und seine handwerklichen Bearbeitungsmethodiken.
Delia Stünitz
In ihren künstlerischen Arbeiten möchte Delia Stünitz magische Momente einfangen. Die schier unendlich scheinende Tiefenwirkung durch optisches Glas und die Lichtbrechung, die dadurch entsteht, erinnert sie an außerirdische Dimensionen, als wäre eine kleine Science-Fiction-artige Welt darin konserviert. Was Delia Stünitz ebenfalls fasziniert ist die außerordentliche Manipulationsfähigkeit der Glasbeschaffenheit und -oberfläche, die durch handwerkliche Eingriffe erzielt werden kann. Es entsteht dadurch ein aktiver Eingriff in die Materie, wodurch nicht nur das Glas, sondern auch das Durch– und Auflicht und die optische Erscheinung für den Betrachter kontrolliert verändert werden können.
Dies drückt die Künstlerin mit der Transformation des digitalen Bereiches des 3D-Drucks zu dem traditionellen, analogen Feld der Glasveredlung aus. Die Strukturbesonderheiten, die durch das Abformen keramischer 3D-Drucke kommt, laden dazu ein, diese in Glas zu übersetzen. Auf eine künstlerische Art werden, anhand der Skulpturen von Delia Stünitz, wissenschaftliche Themen aus der Physik, wie Optik, Lichtbrechung und Reflexion ergründet. Dabei liegt der Fokus auf der Neugierde, inwiefern sich die Strukturen des keramischen 3D-Drucks in Kombination mit der Massivität des vormverschmolzenen Glases und der anschließenden Kaltbearbeitung der Objekte, auf das Erzeugen möglicher Illusionen auswirken. Delia Stünitz’ plastische Arbeiten vermitteln durch die Refraktion und Spiegelung der Oberflächenstruktur metaphysische, optische Tiefe, sowie eine Strukturdopplung durch gezieltes Anwenden der Lichtbrechung. Ihre Skulpturen werden zum Projektionsraum der Oberfläche, die sich im scheinbaren Nichts der Glasmasse als eine Komposition gebrochener Lichtstrahlen zeigt, die beim Umschreiten der Figur in Bewegung, Interaktion und Überlagerung geraten und einen inneren Zustand sichtbar machen.
Eunkyoung Cho
Die Gegenstände des Alltags und die der öffentlichen Räume veranlassen Eunkyoung Cho zu existentiellen Überlegungen über die Art und Weise, wie Zeit vergeht. Für sie sind es magische Momente, in denen sie in den Objekten Zeit findet, wie in einer Schatzkiste: Zeit, die direkt mit dem Raum verbunden ist und Objekte, in denen sich regelrecht Zeit angesammelt hat. Dieses Fundstück von Zeit versucht Eunkyoung Cho zu materialisieren und zu inszenieren. Die Ergebnisse sind Skulpturen und Installationen, zwei- oder dreidimensional, deren Charakteristika, wie perforiert und schmelzend erscheint – so unvollkommen wie der Mensch selbst. Diese Artefakte von Zeitansammlungen stehen in einer lockeren Beziehung zueinander und schaffen ein neues Zeit-Bild, indem sie andere Strukturen bilden. Die Lücke zwischen den einzelnen Protagonisten beinhaltet Raum für Humor und spielerische Leichtigkeit. Das durch die harte, aber zerbrechliche Keramik verkörperte Zeit-Bild stellt also den Betrachtenden Fragen zur eigenen Existenz, Zeit und Struktur.
Sarah Hunnenmörder
Die Stücke, die Sarah Hunnenmörder händisch durch die Techniken Häkeln und Stricken herstellt, werden durch ihre Augen analytisch erfasst und auf Glas übertragen. Zuerst entstehen die gehäkelten oder gestrickten Werke, dann die beigefügten Zeichnungen. Dabei geht es Sarah Hunnenmörder, um die Erforschung der Textur und Struktur, die durch die jeweilige Technik und der Fasern variieren können. Parallel entstanden keramische Arbeiten, runde, gewalzte Formen, die aufeinander gestapelt einen Turm ergeben. Die Beeinflussung der Farben der von ihr verwendeten Wollknäuel, übertragen sich farblich auf die zwei keramischen Türme. Die Haptik der ursprünglichen Ware, übersetzt in ein anderes Material (Glas) wird dabei eine gänzlich andere, viel rauere und härtere, als es die Eigenschaft der Wolle mit sich bringt. Eine Erstarrung/ Einfrierung der Materie. Der Verlust der weichen Haptik stellt sich als Resultat ein, nur noch der Gedanke an das einstig Sanfte, Weiche bleibt übrig.