„Hollandgänger – Westerwälder Steinzeug für den niederländischen Markt“

Bis zum 05.06.2022

Da diese große Sonderausstellung Ende 2020 nur drei Wochen lang zu sehen war,  wird sie nun erneut bis zum 5. Juni 2022 präsentiert.

Das künstlerische Steinzeug vergangener Kunstrichtungen genießt zu Recht viel Aufmerksamkeit. Das Steinzeug als Verpackung von Lebensmitteln und das Gebrauchsgeschirr aus Küche und Keller fristet dagegen leider oft ein Schattendasein. Dabei ist der Alltag im Zeitalter der wachsenden Indus­trialisierung mit seinen rasanten technischen Veränderungen, geistig-philosophischen Auseinandersetzungen und Kriegen, ausgesprochen spannend.

Hollandgänger - Westerwälder Steinzeug für den niederländischen Markt
©Keramikmuseum Westerwald

Erstmals werden nun Objekte aus der Sammlung von Adri van der Meulen (Rotterdam-Overschie) und Ron Tousain (Zoetermeer) in der Heimat ihres Entstehens präsentiert. Sie spiegeln in einer fesselnden Weise die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des Westerwaldes und der Niederlande aus der Zeit um 1800 bis Anfang des 20. Jh. wider.

Frau van der Meulen hat, gemeinsam mit Paul Smeele († 2015), stets das Schlichte und Alltägliche im Blick gehabt. Beide bauten eine einzigartige Sammlung niederländischer Irdenware auf. Dabei kamen sie immer wieder mit Steinzeug Westerwälder Art in Berührung, deren Bedeutung beide erkannten. Zusammen mit Ron Tousain und seiner Leidenschaft für das besonders schön und individuell gestaltete Gebrauchs­geschirr, entsteht eine völlig andere Sichtweise auf die jahrhundertealten nieder­ländisch-wester­wälder Beziehungen. Die Sonderausstellung spannt den handelsgeschichtlichen Bogen jedoch noch weiter in die Vergangenheit und geht an dessen Wurzeln. Archäologische Bodenfunde aus Grenzau und Hillscheid belegen mit ihren individuellen Dekorelementen, dass mindestens seit dem 17. Jh. Auftragsware für niederländische Kunden angefertigt wurden. Die Verflechtungen des Adelsgeschlechts des Hauses Nassau spielen hier ebenfalls eine Rolle, denn Reichsgraf Wilhelm von Nassau-Dillenburg (1533-1584) erbte 1544 das Fürstentum Oranien und sein Nachfahre, Wilhelm III. von Oranien-Nassau wurde 1689 zugleich König von England. Ein Großteil des Kannenbäckerlandes lag zu dieser Zeit in der Grafschaft Nassau.

Dem Themenbereich Handelspraxis und Transport wird in der Ausstellung viel Raum gegeben.

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©Archiv Fries

Selbst über weite Distanzen – das Steinzeug aus dem Kannenbäckerland gelangte über die großen Häfen Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen sowie London in die ganze Welt – waren Auftrag, Produktion, Transport und Weiterverkauf gut geregelt. Ein Großteil des Steinzeugs sowie Rohton wurden über den nahe gelegenen Rhein transportiert. Vieles gelangte aber zunächst nur bis zu den
großen Messen und Märkten, wie in diesem Fall besonders nach Köln. Von dort wurde die Keramik nun als „Kölner Ware“ weitergehandelt. Landtransporte fanden meist mit Pferdegespannen, Döppeoder Dippewogn genannt, statt. Viele Westerwälder suchten ihr Glück in den weltoffenen Niederlanden. Sie gingen nach Holland, um Geschirr mit der Kiepe auf dem Rücken oder auf kleinen Karren zu verkaufen und wurden in der Heimat „Hollandgänger“ genannt. Mancher wurde dort sesshaft, heiratete und passte seinen Namen dem Land an. Einigen gelang es über Generationen Großunternehmer zu werden. Für das Ausstellungsprojekt erhielt das Keramikmuseum dankenswerterweise Unterstützung von der Keramiekstichting Smeele Van der Meulen, dem Museumsverband Rheinland-Pfalz, der Niederländischen Diplomatischen Vertretung in Deutschland und dem Förderkreis des Keramikmuseums. Weitere Leihgaben stammen von Otmar Menne (Hillscheid), Keramikmanufaktur Schilz (Höhr-Grenzhausen), Firma Lucas Bols (Amsterdam) und Familie Spiegel (Burg Grenzau). Im Rahmen der Sonderausstellung ist unter dem gleichen Titel ein Begleitband für 28€ erschienen.

Keramikmuseum Westerwald

Deutsche Sammlung für Historische und Zeitgenössische Keramik
Lindenstraße 13
D – 56203 Höhr-Grenzhausen

Tel.: +49 – (0) 2624 94 60 10
Fax: +49 – (0) 2624 94 60 120
E-Mail:
Web: www.keramikmuseum.de

Museumsleitung: Dr. Nele van Wieringen

Öffnungszeiten:

Montag: geschlossen
Dienstag – Sonntag 10 – 17 Uhr