Werkstattgespräch mit Dörthe Ries

Claudia Henkel hat Dörthe Ries in ihrem neuen Atelier in einem wunderschönen alten Haus im Stadtteil Höhr besucht und dieses spannende Gespräch für uns geführt.

Werkstattgespräch mit Dörthe Ries
Dörthe Ries in ihrer Werkstatt © Natur Kultur Keramik

Dörthe Ries in ihrer neuen Werkstatt.

So, wir sitzen nun hier in deiner neuen Werkstatt, in diesem wunderschönen alten Haus, und alles ist frisch renoviert. Du hast dein Atelier zu Höhr brennt neu eröffnet. Es ist total schön bei dir in deinen Räumlichkeiten. Wie geht´s dir hier?
Erst mal super gut, also es ist total schön hier so viel Platz zu haben. Ich habe die letzten 15 Jahre zu Hause eben echt beengt im Keller gearbeitet, nee nicht ganz. 14 Jahre waren es, glaube ich.

Im Keller ohne Licht?
Ohne Licht, also ohne Tageslicht. Und da habe ich wirklich auf kleinem Raum alles machen müssen. Aber mir war es schon wichtig, dass ich die Arbeit auch weiter machen konnte. Und jetzt ist das wirklich Luxus. Absoluter Luxus.

Und kommen nun ganz neue Inspirationen und neue Ideen und neue Möglichkeiten?
Ja, man arbeitet tatsächlich wieder frei.

Du hast hier auch schon neue Sachen gemacht. Die so ganz anders sind, wild und ein bisschen malerisch.
Also in den neuen Räumlichkeiten habe ich wieder viel mehr Spaß zu arbeiten, weil … weiß ich nicht, einfach das Tageslicht. (Sie lacht) – Es ist bescheuert, aber … und der Platz … man macht auch nicht mehr selbst so viel kaputt, durch das Beengte. Wenn ich glasiert habe, musste ich ja immer wieder alles wegpacken …

Man steht sich dann selbst im Weg.
Ja genau und nun bringt es einfach Spaß.

Das freut mich. Und kannst du ein bisschen zur Geschichte des Hauses erzählen?
Ja, da habe ich gerade ganz neu etwas von meinem Kollegen Sigi Böhmer bekommen, warte mal, ich hole das mal eben. (Dörthe holt eine laminierte Schwarzweiß-Fotografie des Hauses aus der Vergangenheit). Das Nebengebäude war damals schon eine Töpferei. Allerdings bis 1926, seitdem war hier nichts mehr. Und auf dem Grundstück vorne auf der Ecke stand ein Kannenofen.

Wie hieß die Töpferei?
Breiden und Sand. Und ganz früher war es auch Remy. Das hat Sigi tatsächlich  herausgefunden. Das fand ich so schön. Das Haus ist tatsächlich relativ im Originalzustand. Hier mit dem Vordach. Und ich war so froh über das Foto, weil es gab bisher immer nur Bilder vom Kannenofen. Und ich wollte immer gern mal wissen, wie das Haus aussah. Denn ich habe schon vor, das so nach und nach ein bisschen wie es früher war herzurichten. Auch mit dem alten Zaun.

Dörthe Ries beim Drehen © Natur Kultur Keramik

Die Rosen waren auch schon da.
Ja, das ist total schön.

Das ist dann auch ganz sinnfällig, dass du hier bist. Du nennst dich ja Schneeweiß und Rosenrot. Noch immer?
Nee nicht mehr. Das habe ich jetzt tatsächlich gecancelt mit dem Namen. So hießen wir damals, als ich gemeinsam mit meiner Kollegin Eva Segger mit Porzellan angefangen habe. Und da passte es einfach, ich machte damals schon Rosendekore auf Porzellan und da waren wir Schneeweiß und Rosenrot. Wir waren eben auch immer zu zweit auf dem Markt. Das passte einfach und ich habe wirklich bis jetzt immer diesen Namen gehabt. Aber nun ist einfach eine neue Zeit.

Aber mit dem Dekor passt es ja noch.
Würde noch passen, ja.

Hast du dir einen neuen Namen gegeben? Und welchen?
Herz und Handwerk – Dörthe Ries Keramik.

Machst du denn noch weiter Rosen?
Ja.

Die laufen gut?
Ja.

Und hier mit den neuen Sachen? Wie ist das angelaufen?
Auch gut.

Super. Ist ja auch nicht selbstverständlich, dass so was auf Anhieb klappt.
Nee, aber das wird ganz gut angenommen.

Und ansonsten, kannst du mir ein bisschen was zu deiner Arbeit erzählen? Wie würdest du sie charakterisieren? Was ist daran besonders und hebt dich von anderen ab?
Hm. Also manche sagen, es sei etwas unsauber, weil nicht alles so ordentlich ist, z.B. wie die Böden abgewischt sind und so weiter. Wobei mir eigentlich gutes Handwerk wiederum sehr wichtig ist. Aber ich mache das bewusst so.

Spontan.
Ja. Wie ich mich abhebe, weiß ich nicht so. Jeder hebt sich irgendwie vom anderen ab. Die Malerei bringt mir am meisten Spaß.

Ja, man sieht, du lebst vom Dekor. Auf jeden Fall.
Das andere ist, das Drehen, ich halte die Formen schlicht. Und ich freue mich immer, wenn ich dann die Tage nur malen kann.

Dörthe Ries beim Drehen © Natur Kultur Keramik

Dörthe beim Drehen.

Ja, das kann ich verstehen.
Aber deine Arbeit hat etwas sehr Romantisches, deswegen finde ich passt das. Ist das nicht auch ein bisschen Ausdruck deiner selbst oder gar nicht?
Ja, ich glaube schon. Sie lacht.

Sehr feminin …
Ja vielleicht auch.

Also ich finde schon, wir Keramiker verwirklichen uns ein bisschen selbst mit unserer Arbeit.
Aber ganz unbewusst. Das kommt irgendwie aus einem raus. Ich würde mich jetzt selbst gar nicht so als verspielt bezeichnen. Vielleicht doch ein bisschen das Kind  in mir.

Und du arbeitest mit rotem Ton.
Ja schon immer. Ich habe auch mit rotem Ton gelernt und ich glaube dann bleibt man einfach dabei.

Das Porzellan war dann nur eine Zwischenstation?
Das war eine Zwischenstation, das war sozusagen ein kleiner Ausrutscher. Ich habe den Abschluss hier an der Fachschule für Keramikgestaltung mit Porzellan gemacht. Ich dachte, wenn man mit Porzellan drehen kann, dann ist man ganz toll. Das war einfach eine Herausforderung.

Aber dann war es nicht dein Material?
Doch ich fand es schon schön und auch ganz toll es an den Händen zu haben. Das ist so weich. Und ich habe damals auch viel exakter gearbeitet, mit Rasierklinge und so abgedreht. Alles ganz sauber und exakt. Aber relativ schnell hat sich herausgestellt, dass das nicht meine Arbeitsweise ist. Und natürlich der Kostenfaktor. Das dann auch noch. War für uns damals tatsächlich alles zu teuer. Und es wurde auch nicht so gekauft.

Wie hast du Feuer gefangen an der Keramik? Wie ist das passiert?
Wie ich angefangen habe?

Oder warum? Was hat dich fasziniert?
Also eigentlich wollte ich das schon immer, ganz früh. Wir haben früher als Kind immer viel Dänemarkurlaub gemacht. Da sind ja auch viele Töpfereien gewesen. Und ich habe das wirklich von Kindheit an machen wollen.

Sind das dann auch deine Einflüsse? Die dänische Designrichtung?
Ich finde es sehr schön, das nordische Design, aber da rutsche ich schon ein bisschen raus. Die sind ja eher schlicht. Aber die nordische Lebensform, ich komme da ja her. Nicht aus Dänemark, aber ich habe in Schleswig-Holstein gelernt.

Bei wem? Wo?
In Tellingstedt, die Tellingstedter Töpferei Bönsch und Meißlahn. Das war so eine alte Traditionstöpferei. Da habe ich u.a. auch die Engobenmalerei gelernt.

Und danach bist du sofort nach Höhr-Grenzhausen gekommen?
Nein, nein, nein, … Weißt du das alles nicht?
Ich habe die 3 Jahre Ausbildung gemacht, genau und dann habe ich ein Jahr noch in verschiedenen Werkstätten gearbeitet. Unter anderem in Ostfriesland, eine Zeit lang. Bei Katrin von Kersten. Also ich muss sagen, meine Ausbildung war relativ hart, ich bin auch nicht so oft an die Scheibe gekommen.

Bist du sozusagen Autodidaktin? Bei mir war das ähnlich, ich musste immer nur Kindergartengeschirr drehen. Ich kann auch heute noch nicht Großdrehen.
Also ich musste immer glasieren, glasieren und Ofensetzen. Das war mein Job. Das war wirklich nicht so schön.

Aber du hast durchgehalten.
Ich habe durchgehalten. Ich war halt noch jung, war 17 als ich anfing und ich wusste auch, dass muss ich jetzt durchziehen, weil woanders kriege ich auch keine Stelle. Mit 17 war es eh ein Problem, das war ja mit einem Umzug verbunden. Und viele wollten niemanden, der noch nicht volljährig ist. Ja komm, die 3 Jahre ziehe ich durch, dachte ich. War aber auch nicht alles schlecht. Also, das saubere Arbeiten zum Beispiel. Weil da so eine Disziplin herrschte.

Wie viele wart ihr?
Wir waren zeitweise 3 Lehrlinge. Zum Schluss war ich aber nur noch alleine da. Dann waren da noch drei Gesellen in der Dreherei und zusätzlich ein Maler. Also war schon etwas größer.

Gibts die noch?
Nee, die gibts nicht mehr.

Dann bist du ein Jahr getingelt … ?
Genau dann bin ich ein Jahr getingelt und habe dann eigentlich so richtig drehen gelernt. Dann war ich auch bei einem Baukeramiker, bei Hans Kuretzki.
Das war auch sehr interessant. Er hat Fliesen gemacht für die U-Bahnstationen in Hamburg. Restauriert, viel Jugendstil, Glasurentwicklung und alles was dazugehört. Ich war ja noch immer jung und das mit den unterschiedlichen Menschen fand ich sehr spannend. Also gar nicht so sehr der Beruf, sondern die Menschen haben mich so fasziniert. Die Keramiker tatsächlich.

Das heißt, die Töpfer sind schon speziell, oder?
Ich würde schon sagen, ja, das sind durchaus nette, tolle Leute. Also ich habe auch immer viel Radio gehört, es lief immer viel Deutschlandfunk in den Werkstätten.

Bei mir auch. Oder Hörspiele.
Ja, genau. (Wir müssen lachen) – und ich fand das aber irgendwie klasse. Ich dachte halt immer schon, oh, so will ich auch mal werden.

Dörthe Ries beim Bemalen © Natur Kultur Keramik

Bemalen der Gefäße.

Aber wir leben auch ein besonderes Leben, auch mit den Märkten, immer unterwegs …
Wobei, das finde ich schlimm.

Machst du das nicht gerne?
Das kenne ich auch nicht. Also da wo ich gelernt habe, also im Norden, glaube ich, in den 90ern, da hat keiner Märkte gemacht. Also dieses Auf-die-Märkte-fahren habe ich tatsächlich erst richtig hier kennengelernt.

Und du magst es nicht?
Geht so.

Du musst es ja nicht mögen.
Also wenn das Wetter passt und alles super ist, ist das schon auch nett und man fühlt sich irgendwie frei, und es ist auch immer schön mit den Kollegen.

Das finde ich so besonders. Dass man immer doch seine Familie ein bisschen dabei hat, obwohl man woanders ist.
Genau. Irgendwie alle nett, ja. Aber ich merke meine Knochen.

Wem sagst du das?
Zwei Jahre bevor ich hierherkam, war ich noch insgesamt 3 Jahre Gesellin, ich war bei Frau Metzel, in Hamburg. Bei Frau Metzel war es ein Traum, in Hamburg Volksdorf. Sie war die Tochter von Dorothea Metzel und sie war Künstlerin, irgendwie eine ganz Wilde in den 20ern, der Vater auch. Und sie, Frau Metzel lebte in diesem alten Haus mit riesigem Garten. Sie zog dann manchmal irgendwelche Sachen aus den Schubladen. Irgendwelche Zeichnungen von Künstlern, die der Vater ausgebildet hat. Horst Jansen oder so. Und das war total schön. Wir waren ihre Familie. Sie hatte sonst keine Kinder und war schon 85. Wir haben immer eine Gewinnbeteiligung bekommen nach einer Ausstellung, ich habe da richtig gut verdient, was ja auch nicht so üblich war als Gesellin. Alle meine Fachbücher habe ich von ihr bekommen. Dann hat sie angefangen, ihre Silbersammlung aufzulösen. Dann hat sie immer mal eine Kelle oder so aus uraltem Silber aus den 20ern verschenkt. Sie war auch sehr aktiv im Museum, im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg und hatte da selber ihre Stücke stehen. Dann war gleich klar, als ich da angefangen habe, dass ich eine Jahreskarte für das Museum krieg, Kunst und Gewerbe und für die Kunsthalle. Und das waren wirklich tolle Jahre. Vorher war halt alles nur Handwerk. Aber da hab ich mal so richtig sehen gelernt. Hamburg war eine sehr schöne Zeit. Da war alles geprägt vom Bauhaus und …

Dörthe Ries beim Drehen © Natur Kultur Keramik

Das war auch eine besondere Zeit. Auch bis heute noch, eine Zeit, die unglaublich viele Spuren hinterlassen hat und auch so eine Wehmut erzeugt, Jugendstil, Bauhaus, das war die große Zeit in Deutschland.
Wie sie auch immer erzählt hat. Sie hatten auch einen großen See da im Garten und da haben sie dann alle nackt drin gebadet.

Das haben wir doch hier auch gemacht in Ransbach in der Tongrube. (Lachen)
Genau, aber wenn das dann so eine alte Frau so erzählt, das war einfach sehr, sehr schön.

Und dann kam Höhr?
Genau und dann habe ich gedacht, ich muss mich weiterbilden. Manchmal denke ich, hm wäre ich doch da in Hamburg geblieben oder so ….

Haderst du ein bisschen mit Höhr-Grenzhausen?
Ja! Die Fachschulzeit war sehr, sehr schön. Weil ich ja noch nie so ein Studentenleben hatte. Immer direkt gearbeitet, und dann war ich 21. Und ich war immer noch jung. Nee, 24 war ich. Und da haben wir noch mal richtig, mit allem, was dazu gehört, es genossen, hier an der Schule zu sein. Und ich hatte mir aber gesagt, als ich das hier gesehen habe: „Nach den 3 Jahren bin ich wieder weg.“

Ich glaube so geht es vielen, die hier herkommen, aber dann bleibt man doch irgendwie kleben. Weil die Leute sind schon nett.
Ja, … muss man … ja doch … –  gut, man kennt ja doch nicht so viele Einheimische.

Man lebt ja in seiner Blase, in seiner Töpferblase und die ist schon nett.
Wobei ich durch die Kinder doch auch viele Einheimische kenne. Ich würde mal behaupten, ich bin eine, die gar nicht so sehr in der Töpferszene drin ist. Ich bin ja eher durch die Kinder sozusagen ein bisschen gebunden gewesen. Habe dadurch nicht nur mit Keramikern zu tun.

Aber trotzdem habe ich dich immer wahrgenommen. Du warst auf Märkten, hast produziert und verkauft und warst da.
Na ja.

Aber hat sich für dich wahrscheinlich anders angefühlt. Die Gewichtung war wahrscheinlich sehr anders.
Es war immer schwierig, alles unter einen Hut zu bekommen. Aber Arbeit ist der wahre Mutterschutz.
(Sie grinst)

Und habt ihr euch direkt nach der Fachschule selbständig gemacht, Eva und du?
Ja, wir haben uns direkt in der Töpferei Werner in Hilgert selbständig gemacht. Die hatten wir ja dann übernommen mit Mietkauf. Das war ein Superangebot für uns. Vor allen Dingen hatten wir dann alles. Öfen, wir mussten uns gar nichts anschaffen. Wir haben da ja auch gewohnt, eine kleine Wohnung herein gebaut. Aber dann kam wirklich dieser Überlebenskampf. Ja, wir hatten wirklich geglaubt nach der Fachschule, weil wir ja jetzt staatlich geprüfte Gestalter sind, dass sie uns die Sachen aus den Händen reißen. Ich weiß nicht, wie naiv man manchmal auch ran geht.

Das war auch nicht so eine gute Zeit. Ich glaube heute ist sogar eine bessere Zeit für Keramik, mit dem Nachhaltigkeitsgedanken, regional einkaufen ist ja jetzt total im Trend. Und deswegen haben wir da echt Vorteile momentan.
Überhaupt keine gute Zeit damals, nee. Und das ist dann auch relativ schnell vorbei gewesen. Gut, vielleicht hätte man auch länger durchhalten müssen, aber …

Dörthe Ries beim Bemalen © Natur Kultur Keramik

Dörthe ritzt ihr bekanntes Rosendekor.

Wenn das Geld alle ist, ist das Geld alle.
Da war doch dieser Witz, was macht ein Keramiker, der im Lotto gewinnt? Fährt so lange auf Märkte, bis das Geld alle ist. So haben wir uns eigentlich gefühlt. Und Eva hat dann auch relativ schnell den Absprung gemacht. Aber das wäre für mich nicht infrage gekommen. 9 Jahre Ausbildung. 3 Jahre Lehre, 3 Jahre Gesellin, 3 Jahre Fachschule. Nee, dann mache ich das auch weiter.

Komme was wolle.
Ja, und dann habe ich ja komplett das Gegenteil gemacht. Roter Ton und nicht 100 % perfekt geformt, damit es handgemacht aussieht. Das lief dann auch tatsächlich.

Aber ist doch super, dass es dann doch noch geklappt hat. Und wir dich nicht verloren haben in der Keramik.
Hast du irgendwelche keramischen Vorbilder?
Ja, also einmal die Frau Metzel, die hat mich am meisten geprägt. Die Formsprache, man nimmt das ja doch irgendwie auch an. Aber auch das Wesen, ich orientiere mich eher an den Menschen, gar nicht nur an der Arbeit, oder das zusammen halt. Ich kann nicht Keramik schön finden, wenn mir die Person dazu nicht passt.

OK. Da denke ich gerade an letztes oder vorletztes Jahr. Da kamst du an meinen Stand und hast gesagt ich muss die Tasse haben, ich habe mich schockverliebt. Hast du dich ein bisschen auch in mich verliebt? (Wir lachen)
Ja, also genau, passt, ja man sieht das ja. Oder ich habe mir jetzt in Frechen auch von einer Fachschülerin eine Tasse gekauft, aber da wusste ich noch nicht wem die gehört. Aber als sie sich geoutet hat, dass sie die Tasse gemacht hat, habe ich gedacht, och wie süß, also passt.

Obwohl manchmal gefällt mir die Keramik von manchen Leuten nicht, aber die Leute mag ich trotzdem. So gehts aber auch.
Das geht auch, stimmt. Kommt auch nicht so selten vor. Stimmt. Wen ich auch früher im Norden auch gut fand, das war Jan Bontjes van Beek.

Und was treibt dich morgens in die Werkstatt?
Das ist einfach ein besonderer Beruf. Also man muss es tun. Oder? Ich liebe das. Ich kann das nicht so beschreiben. Künstler haben das ja auch so, dass man so von innen heraus damit raus muss.

Getrieben?
Ja irgendwie.

Und hättest du dir nie was anderes vorstellen können?
Ich habe ‘ne Schneiderlehre angefangen. Das war mir aber zu viel Gefummel. Ich muss dann lieber schnell was auf die Bretter kriegen. Aber Handwerk war immer klar. Ich wollte auch mal Parkettverlegerin werden, weiß ich aber auch nicht mehr, wie ich darauf gekommen bin.
(Ich muss lachen)
Oder auch Zimmermänner fand ich toll, auch diese Wanderschaft und so.

Dörthe Ries beim Drehen © Natur Kultur Keramik

Also das hat immer was mit dem Lebensgefühl drumherum zu tun?
Ja tatsächlich. Also ich könnte nie im Leben mit gemachten Nägeln im Büro sitzen. Und danach nach Hause gehen, und nicht zu sehen, was ich gemacht habe. Diese Leute sehen ja vielleicht auch, was sie gemacht haben, ich will das jetzt nicht doof reden, aber es gibt nichts Schöneres, wenn ich mal so einen produktiven Tag hatte und dann zu sehen, was man geschafft hat und sich auch ein bisschen körperlich auszupowern.

Solange es noch geht.
Und jetzt, bist du ein bisschen mehr drin in der Keramikszene?
Ja, jetzt sind ja meine Kinder auch so weit … doch ich denke schon. Also einfach dadurch, dass ich eine Anlaufstelle sein kann.

Kommen auch Leute?
Ja. Und im Tonhaus habe ich ja auch noch immer nebenher gearbeitet. Auch die Lehrlinge, die habe ich dann auch mit teilweise ausgebildet. Das finde ich zum Beispiel auch total schön, wenn die kommen und dann sagen, was sie von mir gelernt haben. Das ist ein schönes Gefühl. Und ansonsten bin ich halt total froh mit Sigi und Charlotte Böhmer hier in der Nachbarschaft.

Sie sind, glaube ich, auch sehr froh mit dir.
Ja, mal gucken, was da draus noch so werden kann. Auf jeden Fall ist das schön, dass man hier nicht so alleine ist. Obwohl ich ja total ab vom Schuss bin, von oben jedenfalls, von Grenzhausen.

Aber das wird sich in der nächsten Zeit wahrscheinlich sowieso alles verändern. Hier die Ladenstraße steht fast komplett leer. Das wird sich wahrscheinlich zum Teil füllen. Der eine oder die andere wird da bestimmt hingehen.
Meinst du?

Wir arbeiten ja dran. Anderes Thema.
Aber das ist auf jeden Fall schön, wie gesagt, ich bin jetzt auch sein bisschen freier … ich habe mehr Zeit, arbeite mehr, mache mehr Märkte. Alleine dadurch bin ich ja wieder mehr unter euch.

Wie viele Märkte machst du?
Dieses Jahr noch nicht so viele. 6 oder so. Mehr schaffe ich auch noch nicht.

Man hat so richtig das Gefühl, jetzt ist deine Zeit und du startest durch, oder?
Na ja, (sie lacht) mal gucken.

Du machst Märkte. Man kann in deinen Laden kommen, und hast du sonst noch Orte, wo du verkaufst?
In Reinsberg. Das Keramikhaus Reinsberg oben an der Mecklenburger Seenplatte. Das ist der Wolfgang Tietze, der kauft ja schon immer bei mir. Jetzt aber auch im größeren Stil. Das ist immer ganz gut. Nee, ansonsten nicht.

Und machst du auch Wettbewerbe mit?
Habe ich mir auch vorgenommen. Ich möchte auf jeden Fall auch noch mehr Richtung Einzelstück für Wettbewerbe gehen.

Hast du da schon was im Kopf, oder ist das dann themenabhängig?
Ich möchte große Sachen machen, aber eher als Leinwand. Es geht mir dann schon um die Oberfläche. Aber das ist eine Wunschvorstellung.

Aber man muss ja Ziele haben. Man will ja nicht immer nur auf der Stelle treten, immer dasselbe machen. Wird’s dir auch manchmal langweilig?
Ja, gerade mit dem Rosendekor, muss ich sagen, das Geschirr drehen, das ist schon manchmal wie Fließband. Das ist Fließbandarbeit. Die ganze Dreherei auch. Nichtkeramiker, die denken ja auch immer, das sei so ein schöner Beruf, du verwirklichst dich selber und das ist so meditativ.

Dörthe Ries beim Drehen © Natur Kultur Keramik

Ja, ich glaube, therapeutisch ist es tatsächlich. Weil man sich immer auf den Mittelpunkt hin konzentrieren muss, oder auch diese Plastizität, diese Weichheit des Tons und dass man das wirklich formen kann, in der Hand hat und gestalten und der Meister ist, ein bisschen Schöpfung macht. Ich glaube schon, dass das was Therapeutisches hat.
Also ich denke einfach viel nach. Bei Tassen brauche ich ja nicht mehr aufpassen, was ich tue. Und deswegen hat das so ein bisschen diesen Fließbandcharakter. Ich denke dann halt so viel. Aber das tut auch ganz gut.

Ich denke, du hörst Deutschlandfunk?
Aber ich höre auch manchmal Technomusik.

Echt, du hörst Techno?
Ja. Techno beim Drehen ist gut. Damit ich nicht ganz meditativ wegkippe.

Das würde mich ja aggressiv machen.
Doch, ich brauche das, um ein bisschen Power zu kriegen. Sonst höre ich das auch nicht, aber für manche Anlässe oder zum Aufräumen, wenn ich die Werkstatt putze.

Und was ist dein Lieblingswerkzeug?
Ich habe eine Drehschiene vom ersten Lehrjahr, eine einfache Eisendrehschiene. Das ist mein Lieblingswerkzeug.

Und unersetzbar?
Unersetzbar. Die war auch schon mal weg, da wär ich fast … aber ich habe sie wiedergefunden. Mit den Abdrehspähnen einfach weg, weißt du? Und beim Einsumpfen kam sie wieder zum Vorschein.

Gibt es noch was, was du uns mitteilen möchtest, was dir noch wichtig ist über dich zu wissen oder deine Arbeit?
Eigentlich nicht, nee, …

Alles gesagt?
Ja.

Dann meine letzte Frage. Bist du denn so geworden, wie deine Deutschlandfunk hörenden Vorbilder und ist dein Lebensgefühl so, wie du es dir gewünscht hast?
(Mit einem Schmunzeln im Gesicht) Ja! Und noch viel besser!

 

Vielen Dank Dörthe für das schöne Gespräch!