19. Februar 2022| KERAMIK, WERKSTATT­­GESPRÄCHE

Werkstattgespräch mit Alina Penninger

Alina Penninger formt liebevoll handgefertigtes Geschirr aus Westerwälder Steinzeugton auf der Töpferscheibe. Die meist floralen Dekore sind anmutig und still. Die vielfältigen Formen entstehen in der Atmosphäre einer alten gewachsenen Werkstatt, inmitten eines romantischen Gartens.

Wie lebt und arbeitet es sich in Höhr-Grenzhausen? Wir haben Alina Penninger in ihrer Werkstatt besucht und interessante Geschichten gehört.

© Janos Wlachopulos

Alina Penninger in ihrer Werkstatt.

Alina, kommst du von hier?

Nein, … ich bin in Berlin geboren.

Aha, und wie lange bist du schon hier in Höhr-Grenzhausen?

Ich bin mit 15 schon hier hergekommen.

 

Dich hat wohl auch die Keramik nach Höhr-Grenzhausen geführt?

Ja, um hier meine Ausbildung als Keramikern zu machen. In Berlin gab es keine Ausbildungsplätze. Ich habe erstmal das Berufsgrundschuljahr gemacht, eine Art Warteschleife, da es auch hier einen Mangel an Ausbildungsplätzen gab und dann die Ausbildung zur Scheibentöpferin.

 

Warum Keramik, hattest du vorher schon Berührungen zur Keramik?

Nein, überhaupt nicht. Das kam mir plötzlich in den Kopf, ich möchte Keramikerin werden. Dann war der Wunsch da. Es gab eine Töpferin in Berlin, die konnte aber nicht ausbilden und da habe ich dann erstmal einen Töpferkurs gemacht, um zu sehen, ob es mir gefällt.

Und da war es schon um dich geschehen, …

Ja, da war klar, dass ich das machen möchte, meine Eltern haben mich bei meinem Wunsch unterstützt.

So jung und so weit weg, schon hart, oder?

Ja, das stimmt. Erst war es alles kein Problem. Realisiert habe ich alles erst, als ich im Auto von meinen Eltern nach Höhr-Grenzhausen gebracht wurde. Da habe ich schon gedacht, oh je, was mache ich hier? Aber jetzt muss ich wohl hier durch.

… und hast du dann erstmal alleine gelebt?

Ja ich hatte ein Zimmer bei der Sekretärin der Schule. Schnell habe ich zwei Freundinnen in meiner Klasse gefunden, mit denen ich übrigens noch heute befreundet bin. Wir sind dann auch bald zusammengezogen.

Dann war alles gut?

Ja, dann war alles gut (haha)

Liebevoll, handgefertigtes Geschirr.

© Janos Wlachopulos

Nach dem Berufsgrundschuljahr hast du dann eine Lehre gemacht, wo hast du die gemacht?

Ich habe meine Ausbildung bei der Töpferei Werner in Hilgert gemacht. Wir waren einige Auszubildende, je zwei pro Lehrjahr, also waren wir zu sechst.

Dann bist du zur klassischen Scheibentöpferin ausgebildet worden?

Ja, die Töpferei Werner hatte viele Aufträge mit hohen Stückzahlen, sodass wir in der Produktion voll eingebunden waren. Wir wurden getrimmt schnell und viel zu drehen und trotzdem auf die Form zu achten. Im zweiten und dritten Lehrjahr konnten wir dann an der Standscheibe drehen, um größere Gefäße herzustellen. Unser Chef hatte eine gute Art, uns zu motivieren. Der Spaß kam auch nicht zu kurz, wir waren sechs Auszubildende, da war immer was los.

 

War damals schon klar, dass du dich selbständig machen willst?

Nein, erst habe ich als Gesellin gearbeitet, wollte erst mal nur den Beruf ausüben, da er mir gefiel.

 

Wie ging’s dann weiter? Dann die Fachschule, wie die meisten?

Ja, genau. Zur Fachschule und im Anschluss habe ich die Meisterprüfung absolviert und dann war klar, dass ich mich selbständig machen werde.

 

Wieso bist du dann in Höhr-Grenzhausen geblieben?

Das ergab sich so, erstmal wegen der Liebe, dann bin ich irgendwie hier hängengeblieben.

 

Wo war denn deine erste Werkstatt?

Meine erste Werkstatt war zusammen mit Lars Magerkohl, Ernst Pleuger, Cordula Repening im Keramikhaus Dümmler & Breiden, dem Stammhaus der ehemaligen Keramikfabrik in der Rathausstraße im Stadtteil Höhr, wo jetzt das Seniorenheim steht. Die Fabrik ist weg, das Stammhaus steht noch. Später bildete sich die Trialog-Gruppe mit Lars, noch einigen anderen und mir, in der Kasinostr., diese Gruppe hatte allerdings keinen langen Bestand, da es eine schwierige Gruppenzusammenstellung war. Danach habe ich dann direkt meine jetzige Werkstatt gegründet.

 

Komme nochmal darauf zurück, warum Keramik, der Wunsch hatte ja Bestand, du bist ja dabei geblieben?

Ton ist ein schönes Material. Das plastische Formen fasziniert mich. Das Drehen an der Scheibe und das Arbeiten mit meinen Händen gefällt mir. Der lange Prozess, den ein Werkstück durchlaufen muss, finde ich spannend, angefangen von einer Idee, dann das Formen und Trocknen und zum Schluss der immer etwas unberechenbare Brennvorgang.

 

Wie bist du dann zum Geschirr gekommen?

Geschirr zu machen, war eigentlich schon immer klar.

© Janos Wlachopulos

Tischgeschirr von Alina Penninger

Was ist denn der Schwerpunkt deiner Arbeit, was ist dir besonders wichtig?

Da gibt es nicht einen Schwerpunkt, es ist vielmehr das Zusammenspiel. Die Funktionalität und Ästhetik müssen gleichermaßen vorhanden sein. Das Geschirr soll schön anzusehen sein, Form und Dekor sind mir dafür wichtig. Es muss gut benutzbar sein, eine Tasse sollte gut in der Hand liegen, nicht zu schwer und trotzdem stabil sein. Eine Kanne darf natürlich nicht tropfen.

Dein Geschirr hat sich aktuell verändert, oder? Erzähl doch mal.

Ja, früher waren die Dekore erdiger, ich hatte einen anderen Ton benutzt. Verändert habe ich nun alles, weil ein alter Rohstoff nicht mehr lieferbar war und der neue nicht so funktioniert hat, wie er sollte. Die Glasur hat nicht auf dem Scherben gehalten, ist einfach abgeplatzt. Ich habe experimentiert und viele Proben machen müssen, der Erfolg blieb aus. Das war sehr frustrierend. Das Zusammenspiel des Tons und der Glasur funktionierte einfach nicht mehr. Letztendlich half nur noch ein Wechsel von Ton und Glasur. Da sich von Grund auf alles verändert hat, musste ich auch ein neues Dekor erarbeiten. Das hat sich eben alles erstmal entwickelt, bis es so war, wie es heute ist. Letztendlich war dieses technisches Problem ein großes Glück auch mal wieder was Neues zu machen, das macht mir jetzt auch wirklich wieder Spaß.

 

Bei wie viel Grad brennst du deine Keramik?

1240 °C, da ich Westerwälder Steinzeugton verwende.

 

Welches Ziel verfolgst du?

Erstmal ist es mein Beruf, davon lebe ich. Das muss mich schon ernähren können. Ja, ich kann davon leben. Durch Corona ist es allerdings schwieriger geworden, da Märkte nach wie vor ausfallen. Hab nun als Unterstützung noch einen Job, der mir gerade hilft, der mir sogar unverhofft Spaß macht. Ist auch wieder eine neue Herausforderung. Allerdings habe ich direkt gemerkt, als ich wieder in meiner eigenen Werkstatt war, dass mir diese schon richtig fehlt. Ich habe mir sogar Urlaub genommen, um in der Werkstatt arbeiten zu können, diese Tage in der Werkstatt, so selbst bestimmend, diese Freude an der Arbeit, … gut, macht nicht alles Spaß, manchmal hab ich keine Lust zu glasieren, …

Ah, das ist auch eine Frage, was machst du nicht so gerne?

Ich fahre eigentlich auch nicht so gerne auf einen Markt. Wenn ich dann aber da bin, ist alles gut. Aber vorher, das Packen, Auto fahren, früh aufstehen, klappt das alles, der Aufbau … wenn alles steht ist es gut.

… und das Wetter, …

Genau.

Machst du viele Märkte?

So an die 14 sind das schon.

 

Dann sag mal, was machst du am liebsten?

Drehen.

 

Was ist dein wichtigstes Werkzeug, was nutzt du am meisten?

Ich hab so ein Holztablett, da liegen die wichtigsten Sachen drauf, da muss ich auch aufpassen, das sind mitunter Stempel, wenn die weg sind, wäre schlecht. Das sind u.a. Holzstempel aus Indien, selbstgemachte Stempel. Ein indischer Stempel war mal weg. Genau den hab ich nur einmal, da bin ich fast durchgedreht, hab den ewig gesucht. Alle Späne durchsucht, …. Seitdem lasse ich den nicht mehr aus den Augen! Der kommt immer wieder auf dieses Brett zurück. Und dann habe ich noch Knöpfe, das sind so Metallknöpfe, nutzen sich leider aber sehr stark ab mit der Zeit, die muss ich dann immer wieder neu besorgen. Dann habe ich auch noch spezielle Messer, auf die ich besonders aufpasse, … eigentlich ein ganz normales Küchenmesser, aber im ersten Lehrjahr hat mir das der Chef geschliffen, das hab ich schon immer und brauche ich auch, das darf nicht wegkommen. Ich hab eigentlich viele Messer, aber das ist ganz besonders. …

Und dann habe ich noch so Rädchen, … das Holztablett ist eben ganz wichtig.

Ah, da hat jeder Keramiker so seine Geschichte.

Die Werkzeuge brauchst du dann ganz bewusst für deine Dekore?

Ja, genau.

© Janos Wlachopulos

Alina bei der Arbeit

Warum sollte jemand deine Keramik kaufen?

[Lach] Soll er nicht – Kann er! Ich benutze sie ja selbst gerne und meine Kunden sollen mein Geschirr natürlich auch gerne nutzen und einfach Freude damit haben, Stammkunden kaufen auch immer wieder bei mir, was mich sehr freut.

 

Was treibt dich zu neuen Ideen an?

Schwer zu sagen, eher wenn ich was anderes mache, zum Beispiel wenn ich im Garten bin, dann kommt plötzlich eine Idee, die ich mal ausprobieren möchte. Es kann aber bei allem passieren, zum Beispiel auch beim Kochen. Kommt einfach so.

 

Gibt es Kollegen, Arbeiten, die du besonders schätzt, die dich beeinflusst haben?

Hm, beeinflusst nicht, aber seine Arbeiten gefallen mir besonders gut, das wäre Claudi Casanovas, … der macht so große erdige Formen. Es gibt natürlich total viele, die schöne Sachen machen, die mich begeistern. Von einigen habe ich dann auch eine Keramik.

 

Könntest du dir vorstellen, was anderes zu machen?

Ja, hm. Also das mit der sozialen Arbeit hat mir jetzt auch viel Spaß gemacht, hab aber das Gefühl, dass ich jetzt wieder mehr Keramik machen möchte. Hab schon immer neben meiner Werkstattarbeit, z.B. auch museumspädagogisch gearbeitet.

Bringen diese anderen Arbeiten einen anderen Blick auf die Dinge mit sich, verbindet das irgendwie?

Das hat doch irgendwie immer alles miteinander zu tun. Hm, spannend ist eben, mal zu sehen, wie andere mit dem Werkstoff umgehen, die ganz unvoreingenommen sind.

Blick auf den Hauptarbeitsplatz, die Drehscheibe.

© Janos Wlachopulos

Wo findet man deine Keramik?

In meiner Keramikwerkstatt, man darf mich jederzeit besuchen. Vorher natürlich anrufen, um einen Termin zu vereinbaren. Dann natürlich auf den Märkten, wie Höhr-Grenzhausen, Siegburg, manchmal auch auf dem Bonner Keramikmarkt, Oberthal im Saarland, dann auch hier in Ransbach, …

 

Sonst noch was?

Ich hab natürlich meine Traumwerkstatt, hier fühle ich mich wohl. Im Winter, wenn das Öfchen an ist, dann kann ich eine gemütliche Teepause machen. Einfach schön hier. Und drumherum der fantastische Garten. Im Sommer gibt’s dann immer in der Pause einen Gartenrundgang, da muss ich aufpassen, dass ich nicht im Garten hängenbleibe. Der Garten ist auch noch so eine zweite Leidenschaft, was sich auch erst hier so entwickelt hat. Dann wieder in die Werkstatt und weiter töpfern, fantastisch.

Du machst auch ein bisschen Gartenkeramik, oder?

Ja, ein bisschen.

 

Ok, dann haben wir die letzte Frage, … was bedeutet der Standort Höhr-Grenzhausen für dich?

Der Austausch, der hier stattfindet, gefällt mir, dieses Zusammenkommen mit den Kollegen. Es sind so viele unterschiedliche Kollegen, das ist gut, manchmal auch schwierig. Das ist schon besonders und gibt einem irgendwo auch so eine Sicherheit. Man kann auf die Leute zu gehen, wenn man Hilfe braucht und die kommt auch. Einfach ein gutes Gefühl.

 

Das war es dann auch schon Alina, Dankeschön.