Der Holzbrand

Im März begleitete Janos Wlachopulos den Holzbrand von Arwed Angerer, der für ihn nur zweimal im Jahr stattfindet.

Nora Arrietta, Werkstattleiterin im IKKG, erklärt den Holzbrand.

Seit Jahrtausenden brennt der Mensch Keramik. Die ersten bekanntes Keramikfiguren der Steinzeit werden auf bis zu 29.000 Jahre geschätzt und dienten wohl als magische Ritualobjekte. Mit der neolithischen Revolution und dem Übergang des Jägers und Sammlers hin zur Sesshaftigkeit, hat sich, mit der Notwendigkeit von Vorratsgefäßen, die Verbindung des Menschen mit dem Material Ton weiter vertieft. Die Transformation der rohen Erde zu dauerhafteren Materie Keramik war sicher anfänglich eine zufällig erkannte Gegebenheit und mit der Zeit hat sich das Wissen um Brenntechniken und -öfen immer weiterentwickelt. Ohne den Brennofen wäre unsere Beziehung zum Ton und Keramik eine andere, der magische Moment des Öffnens eines jeden Ofens und die Metamorphose von Material durch Hitze bezaubert uns auch heute noch wie sicher damals die ersten Keramiker.

Aus diesem Grund baut wohl jeder Keramiker im Laufe seines Lebens eine Beziehung zu seinem Ofen auf. Heute ist die Bedienung eines solchen Ofens gegebenenfalls sehr vereinfacht. Vor allem beim Elektrobrand wird der eigentliche Brennprozess nur von den wenigsten minutiös überwacht. Stattdessen wird eingesetzt, oft nur ein paar Knöpfe gedrückt und schon ist die Ware gebacken.

Ein Holzbrand erfordert ganz andere Erfahrungen und Kenntnisse. Noch mehr als ein Gas- oder Elektroofen, die man zwar auch händisch steuern kann, spricht er explizit die Sinneswelt des Künstlers an. Das zu verheizende Material strahlt nicht als Wärmeenergie durch Elektrospiralen oder strömt als brennbares Gas vom Brenner durch den Ofen, es ist vielmehr sichtbar und spürbar. Holz hat Gewicht, Geruch, ist taktil und ein gewachsenes Material, welches in unserer Umwelt und in der Natur allgegenwärtig ist, nachwachsend und doch durch die Zeit erst gewachsen. 

Holzbrände kosten Zeit, manchmal auch Nerven. Von Anfang an, kann und muss jeder Schritt bedacht werden, der Brennprozess und sein Ergebnis hängen von vielfältigen Faktoren ab, sei es die Form- und Oberflächengestaltung des Stückes selbst, das Setzen im Ofen und das eigentliche Brennen. Je nachdem, wo ein Objekt sich im Ofen befindet, kann dies unterschiedliche Auswirkungen auf Temperatur, Ascheanflug, Reduktion usw. haben. Beim Setzen muss jedes Objekt behutsam auf ein Trennstück, auch Wadding genannt, gesetzt werden, eine tonähnliche nicht sinternde Masse, die verhindert, dass die Objekte durch Asche und Alkalien nicht an den Ofenplatten festkleben.

Der Holzbrand erfordert die ständige Konzentration des verantwortlichen Brenners, dieser geht während des Brandes eine wechselseitige Beziehung mit dem Feuer ein. Lauschen, Fühlen, und Beobachten des Ofens sind hier ebenso wichtig wie der behutsame Umgang in verschiedenen Temperaturbereichen. Während man beim Aufheizen und beim Quarzsprung im Rotglutbereich eher langsam und vorsichtig vorgehen sollte und hier das Steigen der Temperatur meist keine Probleme bereitet, wird jeder Grad bei wachsender Temperatur umso schwieriger.

Im Bereich der sogenannten Weißglut braucht es Fingerspitzengefühl, dem ohnehin schon extrem aufgeheizten Ofen das Holz in der Menge so zuzuführen, dass es genug Sauerstoff bekommt, um zu verbrennen, die Einwurfspalten und die Schornsteinklappe müssen also entsprechend reguliert sein, auf der anderen Seite muss darauf geachtet werden, dem Ofen nicht zu viel Kaltluft zuzuführen und die Verbrennung gegebenenfalls reduzierend zu steuern, falls man das will.

Holzbrand hat auch viele soziale Aspekte. Gegen emotionale Weißglut hilft immer die Vorbereitung magenfüllender Entitäten. Hier kommt der Geschmack als Ansprechung der Sinne ins Spiel.

Die Segerkegel, kleine Stäbe aus keramischen Material, die je nach Nummer bei unterschiedlichen Temperaturen langsam umknicken bzw. -schmelzen und welche man dabei durch ein Schauloch beobachten kann, werden beim Setzen so platziert, dass sie während des Brandes  gut zu sehen sind. Der Zeitpunkt ihres Fallpunktes hängt neben der Temperatur auch vom Zeitfaktor ab, ein langsames Aufheizen lässt den Kegel bei niedriger Temperatur fallen als schnelles. In diesem Sinne sind die Kegel für solch einen Brand brauchbarer als die Temperaturanzeige, welche zwar Auskunft über ein Steigen oder Fallen der Temperatur gibt, nicht aber, was tatsächlich in dem keramischen Material vor sich geht.

Trotz mannigfaltiger Steuerungsmöglichkeiten eines solchen Brandes, halten am Ende die fertigen Stücke jedoch immer wieder Überraschungen parat, die Unvorhersehbarkeit der Oberflächen und die Offenheit, diese als Geschenk des Ofens anzunehmen, sind gerade für den Holzbrand von großer Bedeutung. Aschenanflug kann Glasuren und Oberflächen auf unterschiedlichste Art beeinflussen, Holzart, Ofenatmosphäre, Länge der Haltezeit, Brandende und Abkühlung im Ofen, all dies spielt in diesen vielschichtigen Prozess mit hinein. Jeder Holzbrand ist anders und ein Lernprozess, der direkte Umgang mit der Flamme kostet Mühe und Kraft, doch es ist immer wieder ein Erlebnis diese Naturenergien zu spüren und im Brennprozess zu steuern. Zu den meisten Holzbränden gehört zudem eine gemeinschaftliche Erfahrung, die sich schlussendlich aus der Tatsache speist, dass alle Beteiligten für die gemeinsame Sache brennen.