Werkstattgespräch mit Andreas Hinder

Seit etlichen Jahren beschäftigt sich Andreas Hinder in seinem Atelier mit der keramischen Tierplastik. Dabei bezieht er sich auf natura­listische, comicsprachliche und kunstgeschichtliche Vorbilder. Die oft in Fabeln zu­gesprochene Vermenschlichung der Tierwelt spielt in seinen Arbeiten ebenso eine wesentliche Rolle, wie auch eine ganz eigene Interpretation von Mimik, Gestik und Habitus einer Spezies. Mit unserem zweitem Werkstatt­gespräch aus der Reihe Keramikportäts gibt Andreas Hinder einen kleinen Einblick in seine Schaffensweise.

Keramikerporträt Andreas Hinder
Andreas Hinder Articus & Röttgen Fotografie

Der Keramiker Andreas Hinder beschäftigt sich überwiegend mit frei modellierten Tierplastiken.

Du lebst und arbeitest seit 25 Jahren in Höhr-Grenzhausen, was hat Dich dazu bewegt hierher zu kommen, aber auch hierzubleiben?

Die Ausbildung habe ich schon viel früher gemacht, das ist jetzt fast 40 Jahre her. Letztendlich ist es die Infrastruktur, die Höhr-Grenzhausen bietet: die Schulen und Ausbildungsstätten, aber auch der Austausch mit den Kollegen*innen.

 

Wie bist Du zum ersten Mal mit Keramik in Berührung gekommen?

Da bin ich familiär vorbelastet. Mein Onkel, Großvater und Vater haben schon mit kunsthandwerklicher Keramik (auch aus Höhr-Grenzhausen) gehandelt, daher wusste ich bereits als relativ junger Mensch, dass es so etwas wie Ton und Keramik gibt. Auch bin ich früh mit nach Höhr-Grenzhausen gefahren und konnte mir so vorstellen, dass das ein Berufsziel für mich werden kann.

 

Wo hast Du deine Ausbildung gemacht?

Meine Ausbildung zum Scheibentöpfer habe ich zunächst in der Werkstatt Helmut Müller hier in Höhr-Grenzhausen gemacht, anschließend war ich Schüler an der Werkakademie in Kassel und später kam die Ausbildung zum Keramikgestalter an der Fachschule in Höhr-Grenzhausen hinzu.

 

Warum Keramik?

Ich mag das erdige Material, die Schwere des Rohstoffs aber auch die Gestaltungsmöglichkeiten, die das Material mit sich bringt, welches sich auch sehr in den verschiedenen Festigkeiten unterscheidet. Man hat einen sehr plastisch weichen Ton, man hat den lederharten Ton, der sich schnitzen lässt bis hin, dass ich auch den trockenen Scherben weiter bearbeiten kann. Ich kann das Material mit erdigen Farben bemalen und schlussendlich durch das Brennen zu einer steinartigen Konsistenz verfestigen.

 

Bist Du Keramiker oder Künstler?

Beides!

 

Was bildet den Schwerpunkt in Deiner Arbeit?  Was ist Dir dabei besonders wichtig?

Zentrales Thema in der Werkstatt bzw. der selbständigen Tätigkeit ist seit 25 Jahren die keramische/ freimodellierte Tierplastik. Gelegentlich kommen baukeramische Projekte hinzu, oft auch in Zusammenarbeit mit Kollegen*innen.

Die modellierten Tierplastiken werden
in verschiedenen Materialzuständen
bearbeitet.

modellieren einer keramischen Tierskulptur
Andreas Hinder © Artcus & Röttgen Fotografie

Welches Ziel verfolgst Du?

Das habe ich mich noch nie gefragt.

 

Was machst Du am liebsten, welcher Arbeitsabschnitt hat für Dich die größte Bedeutung?

Vorweg schon mal, dass es ein sehr abwechslungsreicher Beruf ist. Es gibt handwerkliche Tätigkeiten, es gibt auch sehr kreative Phasen. Aber nur kreativ sein wäre auch sehr anstrengend, daher ist es auch manchmal die Routine, die Spaß macht während die Gedanken eigene Wege gehen können. Die Vielfältigkeit beinhaltet aber auch die Vermarktung, dass man mit Kunden in Kontakt tritt, mit Freunden, Fans und Galeristen. Es gibt zudem einen großen Austausch mit Kollegen.

 

Was machst Du nicht so gerne?

Für Büroarbeit brauche ich etwas mehr Motivation (lacht)

 

Was ist Dein wichtigstes Werkzeug, was benutzt Du am häufigsten?

Messer, Gabel, Schlinge, Modellierhölzchen … Pinsel … na und meine Hände vor allem?

 

Wie lange arbeitest Du an einem Stück?

25 Jahre und ein Tag … lacht … an einem durchschnittlich großen Stück 2-3 Tage.

 

Bei wie viel C° brennst Du Deine Arbeiten? 

Bei 1200 °C im reduzierendem Gasbrand.

 

Warum sollte jemand Deine Keramik kaufen?

Es sind sehr individuelle Einzelstücke/ Unikate … Pause … weil ich jung bin und das Geld brauche … lacht …

 

Was treibt dich zu neuen Ideen an?

Das können Beobachtungen in der Natur sein, auch in der Literatur, also in Büchern über Tiere oder Tierplastiken. Also auch aus der Kunstgeschichte oder einfach alltäglichen Begegnungen mit Tier oder Mensch. Oberflächen, Texturen finde ich nach wie vor sehr inspirierend.

 

Kannst Du davon leben?

Ja.

 

Was macht für Dich gute Keramik aus!

Dass sie ehrlich ist, dass sie authentisch ist, dass sie eine Selbstverständlichkeit mit sich bringt. Wenn es funktionale Keramik ist, dass sie auch funktioniert.

Rabe Tierskulptur aus derKeramikwerkstatt Andreas Hinder
Andreas Hinder Keramik © Articus & Röttgen Fotografie

Rabe
freimodelliertes Einzelstück

Gibt es einen Kollegen bzw. Arbeiten, die Du besonders schätzt oder die Dich beeinflusst haben?

Da würde man ja welche vergessen oder nicht nennen – das sind zu viele, um einen herauszustellen. Es gibt nicht ein großes Idol, das wäre falsch zu sagen. Aber die Stationen meiner Ausbildung, die besuchten Werkstätten während meiner “Wanderjahre” im In- und Ausland, da gab es schon einige Lehrer und Meister*innen von welchen ich lernen durfte.


Könntest  Du Dir auch vorstellen etwas anderes zu machen und wenn was?

… überlegt … zu einer bestimmten Zeit wäre vielleicht Architektur interessant gewesen.

 

Wo findet man Deine Keramik?

Man findet sie natürlich hier im eigenen Atelier, im Keramik Kasino  in Höhr-Grenzhausen, auf ausgewählten Märkten, in Läden und Galerien. Eine Auswahl dieser auch auf meiner Internetseite.

 

Was bedeutet der Standort Höhr-Grenzhausen für Dich?

Wie schon gesagt, die vorhandene Infrastruktur: Dass ich keramische, technische sowie gestalterische Fragen schnell und gut durch eine hohe Fachkompetenz Vor Ort beantwortet bekomme. Dass sich die Wege vieler Kollegen*innen – auch internationaler Kollegen*innen hier kreuzen und man, obwohl es ein so kleiner Ort ist, einen schönen Kontakt in die Szene hat.